Noah von Sebastian Fitzek



Alicia wurde von der Stille geweckt. Sonst waren es die Schreie, die sie in unregelmäßigen Abständen aus dem Schlaf hochschrecken ließen, doch heute Nacht war es anders. Heute Nacht blieb es stumm an ihrer Brust.
»Noel?«, flüsterte sie und tastete nach dem Köpfchen ihres Sohnes. Es war kurz vor ein Uhr morgens, also gab es vermutlich keinen Strom in Lupang Pangako, der »Endstation«, wie Quezon Citys größter Slum im Großraum Manila von den Bewohnern genannt wurde. Doch selbst wenn sie Licht hätte machen können, hätte Alicia sich dagegen entschieden. Jay schlief, und das war ein Segen. Sie wollte ihren Siebenjährigen nicht wecken, sonst würde er sich wieder daran erinnern, dass es gestern nichts zu essen gegeben hatte.







Er weiß nicht, wie er heißt. Er hat keine Ahnung, wo er herkommt. Er kann sich nicht erinnern, wie er nach Berlin kam, und seit wann er hier auf der Straße lebt. Die Obdachlosen, mit denen er umherzieht, nennen ihn Noah, weil dieser Name tätowiert auf der Innenseite seiner Handfläche steht. Noahs Suche nach seiner Herkunft wird zu einer Tour de force. Für ihn und die gesamte Menschheit. Denn er ist das wesentliche Element in einer Verschwörung, die das Leben aller Menschen auf dem Planeten gefährdet und schon zehntausende Opfer gefunden hat.





Tief unter der Erde Berlins, in einem abgelegenen U-Bahntunnel, erlangt Noah sein Bewusstsein wieder. Bei ihm ist ein Unbekannter namens Oscar. Noah kann sich an nichts erinnern. Weder kennt er seine Identität, noch andere Details seines Lebens. Das einzige was er weiß ist, dass Oscar ihm sein Leben gerettet hat, denn er wurde durch eine Schusswunde schwer verletzt. Die Leute nennen ihn Noah, da diese vier Buchstaben in seinen rechten Handballen tätowiert sind.
Vom ersten Moment an erzählt Oscar ihm die absurdesten Verschwörungstheorien und behauptet stets, dass alle Menschen überwacht und jederzeit beeinflusst werden. Noah tut dieses als „Geschwafel“ eines Obdachlosen ab. Schnell ändert er seine Meinung, denn jemand trachtet ihm nach dem Leben. Doch sobald er einen Feind erledigt hat, taucht hinter der nächsten Ecke ein neuer auf. Aber wer möchte ihn tot sehen? Und was hat das alles mit der Manila-Grippe zu tun, die derzeit umsichgreift? Oscar hat da natürlich seine Theorien. Als er bei zwei Verfolgern ebenfalls Tätowierung der Handballen findet, beschließt er jedoch nicht mehr zu fliehen, sondern das Rätsel um seine Person zu lösen. Natürlich zur Unzufriedenheit seiner Verfolger.
Gleichzeitig kämpft am anderen Ende der Welt Alicia um das Überleben ihrer Familie. Gemeinsam mit ihren beiden Söhnen lebt sie in Lupang Pangako, dem größten Slum in Manila. Es gibt kaum etwas zu Essen und der Gesundheitszustand der Einwohner ist alles andere als gut. Als eines Morgens ihr Sohn sie weckt und sie zum fliehen drängt, versteht sie allerdings die Welt nicht mehr. Doch schnell wird ihr bewusst, dass die abgeschotteten Eingänge zum Slum, die niedrig fliegenden Flugzeuge und die unbekannte Flüssigkeit, die sie über den Slum verteilen definitiv nichts Gutes bedeuten können.



Der neue Thriller von Fitzek ist ... "anders" ...
Man kennt seine früheren Werke, die Psychothriller, wie der Augensammler oder der Augenjäger, aber dieses Buch ist definitiv anders. Ich bin ein begeisterter Fitzek-Leser, doch ich muss zugeben, als ich gelesen habe, dass es bei seinem neuen Buch um Verschwörungstheorien geht, war ich mir nicht sicher ob mir das Buch genauso gut wie seine anderen Werke gefallen würde. Aber ich muss sagen, dass ich es im Nachhinein auf keinen Fall bereut habe, mir das Buch zu kaufen.
Insgesamt ist die Thematik, die Probleme der Welt, die Kritik an der Gesellschaft, die Kluft zwischen den Armen und Reichen, alles andere als eine leichte Kost und ich finde es richtig gut, wenn man sich traut, sich mit so etwas zu beschäftigen. Fitzek schreibt auch zum Ende hin, dass alles von ihm nicht mit "erhobenen Zeigefinger" geschrieben wurde, sondern lediglich einen groben, sehr gut recherchierten Überblick über das Geschehen in der Welt geben soll. Was wäre, wenn ...
Was wäre, wenn es wirklich so etwas geben würde?
Und das hat mich dann sehr fasziniert und gepackt.
Die Protagonisten sind sehr gut dargestellt und beschrieben und man kann den "Verschwörungen" und der Thematik und dem ständigen Orstwechsel gut folgen. Damit bleibt das Buch spannend bis zum Schluss. Die Geschichten in dem Buch spielen an vielen internationalen Orten, von Deutschland, über die USA, Italien, bis hin zu den Philippinen.
Auch wenn einem so eine Art von Thriller anfangs nicht zusagt, lege ich dieses Buch wirklich jedem ans Herz. Es ist ein fantastisch guter Thriller, der dem Leben und der Welt so Nahe kommt, wie nur möglich.

Ein Meisterwerk ...




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